Zeichen an der Wand (XVI)

Zeichen an der Wand (XVI)

Graffiti in Frankfurt
Walter H. Krämer

Graffiti gelten als Kunst mit einem eigenen stilistischen Kanon, einer ausdifferenzierten Gruppenästhetik, Stars und konkurrierenden Nacheiferern. Walter H. Krämer hat die wundersamen und manchmal rätselhaften Gemälde im öffentlichen Raum der Metropole Frankfurt fotografiert und kommentiert. Nicht alle Graffiti oder Murals sind noch zu finden – denn das Sprühen auf Häuserwände, Betonmauern und Zäune ist eine kurzlebige Kunst. Hier ist die sechzehnte Sammlung.

Graffiti – für die einen Kunst, für andere Sachbeschädigung. Das Sprühen von Graffiti polarisiert. Sogar so sehr, dass die Polizei eine eigene Ermittlungsgruppe dazu initiiert hat – mit positiver Bilanz, denn laut Polizei nehmen die Fallzahlen seit 2009 stetig ab.

Das Anbringen von Graffiti (BOMBING) geschieht meist unerkannt und des Nachts – ist es doch an vielen Orten, auf vielen Flächen illegal und besonders Hauseigentümer ärgern sich über meist mit Schriftzügen bemalte Wände.

Besonders auffällig sind aus meiner Sicht im Stadtbild die Schriftzüge DNS. Wer sich hinter diesen drei Buchstaben verbirgt ist mir nicht bekannt – aber es muss eine Gruppe sein, so präsent sind diese Buchstaben in der Stadt. Und den MALERN (so werden die Sprüher*innen bezeichnet) ist kein Ort / keine Wand heilig und auch keine Wand zu hoch. Bei diesen Graffiti geht es AUS MEINER Sicht nicht um Kunst, sondern es geht um Präsenz, um Sichtbarkeit im Stadtbild.

Für Helge „Bomber Steinmann – www.bomber.de – ist klar, dass Graffiti Gestaltung und eine Urform der Kommunikation ist. Und er sieht es als politischen Akt an. „Der Akt des so ‚genannten‘ wilden Graffiti ist ja in sich schon politisch. Ich erachte per se jede künstlerische Aktivität, die sich im gesellschaftlichen Raum betätig, als politisch. Und die Nutzung des öffentlichen Raums als Spielplatz und Gestaltungsfläche trägt natürlich explosives Gedankengut in sich und ist nur schwer wieder aus der Welt zu schaffen: Statt es als Lösung für eine neue Gesellschaft anzusehen, werden diese Themen kriminalisiert, fest Orte dafür verankert – obwohl das der Idee komplett widerspricht – und werden dann zu sozial- und kunstpädagogischen Instrumenten umfunktioniert.“

 
 
 
 
Es ist früher Abend im Naxosgelände. Vereinzelt stehen Männer herum, trinken Bier, reden untereinander und schauen einem Kollegen bei der Arbeit zu. Der Geruch von Farbe und das Rasseln der Farbdosen liegt in der Luft und ist zu hören.

 
 
Die hereinbrechende Dunkelheit macht den Künstlern hier zu schaffen – es lässt sie nicht mehr weiterarbeiten. Ganz im Gegensatz zum illegalen Sprayen bei Nacht – dort sucht man bewusst die Dunkelheit. Aber man geht das Sprayen entspannt an – morgen ist auch noch ein Tag und die Container bleiben vor Ort. Immer wieder neue Graffiti entstehen hier in dieser Naxos-Galerie – und auch das Pferd – hier nicht zu sehen – wird immer wieder neu besprüht.
 
 

 
 
 
 
Alle Fotos wurden von Walter H. Krämer aufgenommen.
 
 
Siehe
Reihe Graffiti in Frankfurt

Letzte Änderung: 07.01.2024  |  Erstellt am: 07.01.2024

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